In den bundesweiten Statistiken werden Absolventinnen und Absolventen, die nicht den ersten Schulabschluss (ESA) erreichen, als Schülerinnen und Schüler ohne allgemeinen Schulabschlussbezeichnet. In dieser Gruppe werden sowohl Schülerinnen und Schüler, die die Schule abbrechen und/oder Abschlussprüfungen nicht bestehen, als auch junge Menschen aus den zieldifferenten Bildungsgängen Lernen und Geistige Entwicklung in einer Gruppe zusammengefasst.

Die Etikettierung „ohne allgemeinen Schulabschluss“ bedeutet eine Missachtung der über die Schulzeit erbrachten schulischen Leistungen und Anstrengungen dieser Schülerinnen und Schüler mit Bedarf an sonderpädagogischer Unterstützung. Sie haben wie alle Schülerinnen und Schüler Anspruch auf eine vollwertige Anerkennung ihres Schulbesuchs durch ein allgemein anerkanntes Abschlusszeugnis.

In länderspezifischen Varianten erhalten derzeit junge Menschen, die in zieldifferenten Bildungsgängen unterrichtet werden, unterschiedliche Abschluss-Formulare, die über die Länder hinweg keine Aussage in Bezug auf Anschlussfähigkeiten haben.

Alle Absolventinnen und Absolventen des zieldifferenten Bildungsgangs Lernen sowie Geistige Entwicklung haben ein Anrecht darauf, ihre fachlichen und überfachlichen Kompetenzen angemessen dokumentiert zu bekommen.

Ein anerkannter zieldifferenter Schulabschluss hat im Bereich des Übergangs Schule – Beruf die Funktion einer Eintrittskarte in Ausbildung und Arbeit. Damit wird die Bedeutung für eine spätere selbstständige Lebensführung und gesicherte Teilhabe hervorgehoben.

Gerade in Zeiten eines bundesweiten Fach- und Arbeitskräftemangels müssen alle Weichen so gestellt werden, dass nicht von vornherein junge Erwachsene, die in zieldifferenten Bildungsgängen lernen, weniger Chancen haben, in Ausbildungen oder anschließende Arbeitsverhältnisse zu gelangen.

Wir fordern die Kultusministerkonferenz und die Bildungsministerien der Länder auf, eine einheitliche Bezeichnung für die Schulabschlüsse der zieldifferenten Bildungsgänge Lernen und Geistige Entwicklung in allen Ländern einzuführen. Damit werden Voraussetzungen für die Anerkennung durch nachfolgende Institutionen und eine Relevanz für den Übergang in die berufliche Qualifizierung geschaffen.

Nur durch die bundesweite Anerkennung aussagekräftiger Beschreibungen fachlicher und überfachlicher Kompetenzen der Schülerinnen und Schüler kann der Übergang in Ausbildung und Erwerbsleben gezielt unterstützt werden. Selbstverständlich müssen Aussagen stärkenorientiert getroffen und gleichzeitig Hinweise für die im Übergang notwendige Unterstützung gegeben werden.

Der Verband Sonderpädagogik (vds) fordert

  1. eine einheitliche Bezeichnung für die Schulabschlüsse der zieldifferenten Bildungsgänge Lernen und Geistige Entwicklung in allen Ländern
  2. die allgemeine Anerkennung der erreichten fachlichen und überfachlichen Kompetenzen
  3. eine Erweiterung der bundesweiten Schulabschluss-Statistik um die Kategorie Zieldifferente Schulabschlüsse.

Es gilt, allen Schülerinnen und Schülern im Bereich von beruflicher Ausbildung und Arbeit adäquate Chancen zu sichern und ihnen die verdiente gesellschaftliche Anerkennung und Teilhabe zukommen zu lassen.

Der Verband Sonderpädagogik bietet seine Mitwirkung und fachliche Expertise zur Umsetzung dieser Forderungen an.

 

Angela Ehlers, Bundesvorsitzende